Wir haben es im Radio gehört“, berichten Lina und Inka begeistert. Die Mädchen sind mit ihren Eltern in den wunderschönen Schlosspark von Putbus auf der Insel Rügen gekommen. Während 60 BaumpflegerInnen aus 21 europäischen Ländern die Europäischen Meisterschaften in fünf Disziplinen austragen, nehmen sie an einem Workshop der BaumbotschafterInnen Naturschutzjugend (NAJU) Hildesheimer Land teil. Die Jugendgruppe des Naturschutzbundes (NABU) gestaltet das Rahmenprogramm für Kinder und Jugendliche und folgt damit der Einladung des Präsidenten der Deutschen Sektion der International Society of Arboriculture (ISA), Jan von Hofmann.
Mit sechs weiteren Kindern und Jugendlichen besuchen die Schwestern Lina und Inka die Knotenschule. Sie lernen die wichtigsten Knoten, die sie zum Baumklettern brauchen. Unter fachkundiger Anleitung von Moritz (18), Finn (17), Lasse (16) und Lucas (14) untersuchen sie Besonderheiten und Baumgesundheit der alten Kastanie, in die sie gleich klettern wollen. Die Baumbotschafter erklären ganz genau die Klettertechnik und wie man mit Muskelkraft am umlaufenden Seil in die Krone klettern kann - und sicher wieder runter.
Während Moritz vom Boden aus den Überblick behält, begleiten die anderen die Klettergruppe im Baum. Zum x-ten Mal zeigen sie den Sicherheitsknoten und achten darauf, dass es allen gut geht. „So, in fünf Minuten kommt ihr bitte alle runter“, gibt Moritz das Kommando. Auch für die Baumbotschafter kommt Ablösung. „Wir wechseln uns ab“, kommentiert Helge (19), der mit Franziska (18), Jonathan und Simon (beide 14) die zweite Gruppe bildet. „Schließlich wollen wir auch die Wettkämpfe verfolgen.“
Neben dem Kletterbereich mit Helmpflicht unterhalten sich die NAJU-Teamer Dirk Becker, André und Ulrike von Raison mit Eltern und anderen BesucherInnen. Sie erklären das Selbstverständnis der Baumbotschafter und erläutern an einer Schautafel das aktuelle Projekt „Rettet die Eschenallee“. „Ich kann es gar nicht glauben“, staunt Fietes Mutter. „Fiete gibt sonst gleich auf, wenn´s schwierig wird, aber heute kämpft er sich richtig durch.“ Dem 7-jährigen macht das Klettern sichtlich Spaß. Er ist stolz auf jeden Meter, den er sich am Seil nach oben arbeitet.
Am Abend beobachten die Baumbotschafter den amtierenden Weltmeister im Baumklettern, James Kilpatrick, beim Vorbereiten des Masters-Parcours. Sein Spitzname ist James „Chill“-Patrick, wissen sie, weil er so unglaublich tiefenentspannt, leichtfüßig und effektiv im Baum agiert.
Merry Andersen aus Nashville/Tenessee möchte wissen, was die Baumbotschafter sind. Die empathische Art der Amerikanerin fordert die Jugendlichen heraus und nach kurzer Zeit kramen alle ihre Englischkenntnisse hervor und berichten über Baumklettern als Mittel der Naturschutzarbeit. Merry ist beeindruckt und lädt die Gruppe nach Tennessee ein. Mit ihrem Mann betreibt sie dort ein Baumpflegeunternehmen. Die Weltmeisterschaften finden in diesem Jahr in ihrer Heimat statt. „Ein Flug nach Amerika ist aber nicht nachhaltig und ruiniert unseren ökologischen Fußabdruck“, kommentiert Jonathan, „da müssen wir als Ausgeich viele neue Bäume pflanzen.“ Simon stellt sich schon vor, wie die vielen grünen Materialtonnen der Baumbotschafter am Flughafen ein Chaos bei der Gepäckaufgabe auslösen.
Ein anderer Kontakt, den die Baumbotschafter auf Rügen geknüpft haben, verspricht mehr Nachhaltigkeit. Birke H. sorgt mit dem Verein LebensGut Frankenthal für das leibliche Wohl von Teilnehmenden und Helfenden. Hauptberuflich arbeitet sie in der Familienhilfe. Vom Baumbotschafterkonzept ist sie begeistert und wünscht sich ein Kooperationsprojekt für Rügener Kinder und Jugendliche. Ideen gibt es viele und für den ersten Teil der Umsetzung ist ein Besuch der Baumbotschafter und ein gemeinsames Camp auf Gut Frankenthal geplant.
Baumbotschafterin Franziska zieht ein positives Fazit des Events und ist von der Gemeinschaft der BaumpflegerInnen untereinander beeindruckt. „Abends am Lagerfeuer sitzen alle Nationen zusammen und reden miteinander. Ein kleines Europa auf Rügen!“ Neid und Missgunst hat sie nicht feststellen können. Im Gegenteil, bei den Wettkämpfen werden alle angefeuert und gute Leistungen mit Applaus honoriert.
Übrigens: Bei den Herren wurde der Belgier Frits van der Werff Europameister. Björn Lüdeke beendete den Wettkampf als 5., Felix Funke als 7. und der Deutsche Meister Fabian Weber als 12.. Bei den Damen musste sich die Deutsche Meisterin Eva-Maria Mauz im Masters nur der dreimaligen britischen Titelverteidigerin Josephine Hedgers geschlagen geben. Die zweite Deutsche Hanna Purps verpasste den Einzug ins Finale und platzierte sich auf Rang 6.